Unterlagen zur Schicksalsklärung in Belarus verstorbener deutscher Kriegsgefangener
an den Suchdienst des deutschen Roten Kreuzes übergeben

Am 19. Juni 2007 ermöglichte die langjährige Zusammenarbeit die CDU-Landesgruppe Sachsen-Anhalt mit dem ehemaligen Dessauer Polizeipräsidenten Franz Masser die Übergabe weiteren umfangreichen historischen Materials zu etwa 20.000 abschließenden Schicksalsklärungen der als Folge des II. Weltkrieges in Belarus verstorbenen deutschen Kriegsgefangenen und Zwangsdeportierten an den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes.

 

In der Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt fanden sich etwa 60 Teilnehmer, darunter zahlreiche Abgeordnete und Journalisten aus ganz Deutschland zusammen, um der Würdigung der Übergabe dieser zeithistorischen Dokumente durch den Botschafter der Republik Belarus beizuwohnen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Herrn Staatssekretär Dr. Schneider, der auf die humanitäre Bedeutung der erarbeiteten Unterlagen hinwies und an die Übergabe der etwa 29.000 personenbezogenen Hinweise zu verstorbenen deutschen Kriegsgefangenen am 24. September 2003 durch Botschafter Skworzow an derselben Stelle erinnerte, die zu etwa 15.000 Schicksalsklärungen beigetragen haben dürften.

Die CDU-Landesgruppenvorsitzende Uda Heller, MdB erinnerte an die furchtbaren Folgen des 2. Weltkrieges in Belarus und Deutschland und an das Leid der Angehörigen, die oft auch über sechzig Jahre nach Kriegsende noch immer nicht wüßten, wo der Mann, der Bruder oder der Großvater seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Sie hob hervor, daß erst die Wiedervereinigung und Wegfall des kalten Krieges jetzt eine Aufarbeitung ermögliche, die früher undenkbar war. Die jetzt mögliche ehrenamtliche Arbeit und der Zugriff von Privatinitiativen auf historisches Material, ermöglichte durch Vorortexplorationen die Erarbeitung von Lokalisierungsskizzen sowie Friedhofs-Belegungspläne zur Klärung vieler Schicksalsfälle. Damit konnten erstmalig eine genaue Zuordnung der Grablagen erstellt werden und so den Angehörigen oft die zunächst seelisch schmerzhafte endgültige Gewissheit auch über den Begräbnisort ihrer Angehörigen mitgeteilt werden. Damit besteht für viele Angehörige die erlösende Möglichkeit, Frieden durch jetzt mögliche Trauerarbeit zu finden.
Uda Heller hob hervor, dass während des 2 Weltkrieges in Belarus etwa 30 % der Zivilbevölkerung ihr Leben verlor, alle Städte zerstört wurden, mehr als 9000 Dörfer verbrannten, die viert größte Massenmordanlage des Regimes der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei in Trostenez errichtet und mehr als 380.000 Belarussen zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert wurden. Die Schwierigkeit und die Vorbehalte vieler Menschen in Belarus gegen Deutschen und der Aufarbeitung seien vor diesem Hintergrund nur all zu verständlich, erläuterte Frau Heller.

Vor dieser historischen Schuld komme, so die Vorsitzende der CDU-Landesgruppe Sachsen- Anhalt, diese auch dem gesamteuropäischen Frieden dienende Dokumentation, die in mehrjähriger Arbeit durch den Dessauer Polizeipräsidenten a.D. Franz Masser, dem belarussischen Historiker und Oberst der Polizei, Prof. Dr. Anatoli Scharkow, , sowie durch Frau Dipl.Ing Olga Shapovalova ehrenamtlich geleistet wurde, besondere Bedeutung als Privatinitiative zu, die aber auch von belarussischen Zeitzeugen und den zuständigen Behörden tatkräftig unterstützt wurde.

Dann übergab Uda Heller, die umfangreichen Unterlagen an den Leiter des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes als praktische Arbeitsunterlage und Ausdruck der gemeinsamen Werteordnung.

Der Leiter des Suchdienstes Dr. Hansjörg Kalcyk erinnerte daran, dass beim Suchdienst immer noch 2 Millionen Menschen als vermisst gelten würden und nach wie vor jährlich tausende auch sechzig Jahre nach Kriegsende Anfragen an seine Einrichtung stellen würden.

Der Botschafter der Republik Belarus, Wladimir Skworzow würdigte die Übergabe nicht nur als Ergebnis der ehrenamtlichen Arbeit im Interesse der nach den tragischen Ereignissen in der Geschichte beider Völker im 20. Jahrhundert noch immer trauernden Familien auch in Deutschland, sondern hob das Gebot der Zusammenarbeit gleichberechtigter Partner und guter Nachbarn als erneut erkennbares Prinzip der Gegenwart und Zukunft des europäischen Kontinentes hervor.
Die seit bald zehn Jahren bestehende intensive Zusammenarbeit und Aufarbeitung durch Historiker beider Seiten zur Schicksalsklärung
von deutschen Kriegsgefangenen sei ein bedeutsamer Schritt zur Vertiefung der Beziehungen zwischen Belarus und Deutschland.
Der Humanismus den Toten gegenüber sei gleichzeitig ein Ausdruck der Menschlichkeit gegenüber deren Angehörigen.
Der Botschafter zeigte sich beeindruckt von der Ansprache des Bundespräsidenten am 12. Juni im Schloss Bellevue, in der dieser betonte, die Arbeit der Stiftung “Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ habe eine schwere Aufgabe übernommen, die aber gleichzeitig ein Tor für eine gute gemeinsame Zukunft geöffnet habe.
Botschafter Skworzow zeigte sich überzeugt, dass die aufgezeigten Ereignisse und Schritte große symbolische und praktische Bedeutung für die Versöhnung des belarusssischen und deutschen Volkes haben. Auch die überreichte Dokumentation leistete und leistet einen wesentlichen Beitrag als dauerhafte Grundlage für gute und freundschaftliche Beziehungen zwischen den Ländern.